Der amtierende EU-Energiekommissar und frühere baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger hat in der Vergangenheit immer wieder mit mehr oder weniger kritischen Forderungen – auch seiner Heimat Deutschland und den dortigen politischen Bedingungen gegenüber – auf sich aufmerksam gemacht. Auch dieser Tage gibt es aus Brüssel abermals Kritik an der bisherigen Situation rund um das Thema erneuerbare Energien. Oettingers Forderung: Deutschland müsse unbedingt auf die Bremse treten. Dabei ruft der CDU-Politiker zudem zur Rückbesinnung auf klassische Energiequellen auf.
Den richtigen Energie-Mix finden
Von einem regelrechten Schweinsgalopp sprach der Energiekommissar Oettinger im Namen der Europäischen Union. Deutschland, so der Politiker im Gespräch mit der Welt am Sonntag, eile den momentanen Möglichkeiten einfach zu weit voraus. Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse hierzulande ausgebremst werden. Stattdessen sollte man sich auf die deutsche Tradition in puncto Energieversorgung besinnen. Gemeint ist damit unter anderem die gute alte Braunkohle, die seit Jahrzehnten eine zentrale Rolle für die Stromerzeugung spielt. Aus gutem Grund, denn die Ressourcen würden nach wie vor eine Versorgung ermöglichen – auch ohne die neuen umweltschonenden Energiequellen. Oettinger fordert von der Bundesregierung die Schaffung einer Geschwindigkeitsbremse. Neben Photovoltaik müsse auch der Ausbau von Windkraft und Biomasse-Technologien erst einmal verlangsamt werden.
Deutschland voreilig beim Thema Solar- und Windkraft
Im Zusammenhang mit Solar-Anlagen sieht der Politiker das wesentliche Problem darin, dass die ständig wachsende Zahl der Anlagen zwar immer mehr Energie erzeugt. Doch wie bei der Windenergie sei es bis dato gar nicht möglich, die Energie auf Dauer vollständig zu speichern. Hier müsse zunächst einmal für die nötigen Rahmenbedingungen und neue Speichertechnologien gesorgt werden, bevor der Sektor weiter ausgebaut wird. Solange die erzeugten Strommengen nicht gespeichert werden können, sei der fortgesetzte Ausbau im Grunde vor allem Geld- und Energieverschwendung. Der EU-Energiekommissar rechnet damit, dass dieses Problem höchstwahrscheinlich in den kommenden zehn Jahr bestehen bleiben wird. Richtig sei ebenfalls, dass Photovoltaik- und Windkraft einen wichtigen Beitrag als Ergänzung zur klassischen Energieversorgung in Deutschland darstellen.
Braunkohle sollte weiter im Zentrum der Energieversorgung stehen
Von der Kohle, die aktuell etwa 45 Prozent des Energiesektors ausmacht, dürfe man sich aber vorerst eben nicht verabschieden. Wichtig sei dabei, nicht mit großem technischen und finanziellen Aufwand Steinkohle aus dem Ausland zu beschaffen, sondern auf die heimische Braunkohle zu vertrauen. In Regionen wie dem Rheinland oder der Lausitz gibt es schließlich mehr als ausreichend natürliche Reserven, um auch ohne ausländische Hilfe zurecht zu kommen. Oettinger spricht sich ebenso dafür aus, dass die Regierung die deutschen Braunkohlekraftwerke länger als geplant am Netz halten müsse. Der Atomausstieg jedoch, so der Politiker, sei unumkehrbar. Das Abschalten der noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke sollte planmäßig spätestens 2022 in die Tat umgesetzt werden. Ganz gleich, welche Regierung bis dahin in der Verantwortung stehe.
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