Die Zeiten, in denen Südafrika international ein Nischendasein im Bereich der Weinproduktion fristete, liegen inzwischen ein bis zwei Jahrzehnte zurück. Spätestens Mitte der 1990er Jahre tauchten – Globalisierung sei Dank – auch in deutschen Weinhandlungen und Supermärkten wohlschmeckende Weine aus Südafrika auf. Für Südafrikas Wirtschaft ist der Weinanbau dementsprechend ein zunehmend an Bedeutung gewinnender Wirtschaftsfaktor, dessen Rolle wohl in den kommenden Jahren weiter wachsen wird. Zum Thema äußerte sich kürzlich Südafrikas Agrarministerin Tina Joemat-Pettersson in den deutschen Medien.
Wissenschaftler halten deutlichen Anbaugebiet-Ausbau für möglich
Joemat-Pettersson berichtete, dass schon heute über 270.000 Menschen – entweder in indirekter oder direkter Weise – in der südafrikanischen Weinbranche tätig sind. Immerhin 2,5 Prozent des gesamten Bruttoinlandsproduktes des Landes erwirtschaften die Hersteller, was einem Erlös von rund sieben Milliarden Rand entspricht. Insgesamt betrachtet fällt der BIP-Anteil damit zwar noch relativ überschaubar aus. Doch sollte es der Branche gelingen, ihren guten Ruf zu wahren und die kleinen und großen regional bedingten Probleme zu beseitigen, könnte die Position im Lande weiter gefestigt werden. Als Problem präsentiert sich die Wasser-Versorgung der Anbaugebiete, um den Weinbau in der gewünschten Weise zu ermöglichen. Derzeit, so Joemat-Pettersson im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“, gibt es an Südafrikas Küsten im Westen und Osten Anbauflächen mit einer Größe von etwa 100.000 Hektar. Diese Fläche ließe sich laut Forschern der Universität Stellenbosch um bis zu 50 Prozent erweitern. Unterm Strich bliebe die internationale Rolle Südafrikas aber auch nach einer solchen Erweiterung relativ gering.
Versorgung der Anbaugebiete mit Wasser zum Teil schwierig
Weiterhin erwartet die Politikerin, dass die südafrikanische Weinbranche früher oder später mit den Problemen des Klimawandels konfrontiert werden wird. Jedoch: Das „Wasser-Dilemma“ werde sich deutlich stärker auswirken als der Klimawandel. Darin sieht Tina Joemat-Pettersson einen Unterschied zu Regionen wie Australien oder Europa. Dem Sorgenkind Wasserversorgung sagt man in Südafrika mit umfangreichen Maßnahmen zur Renaturierung den Kampf an. Auf diesem Wege konnte man vor Ort schon in den vergangenen Jahren eine bessere Versorgung erzielen – zumindest in den Wassereinzugsgebieten der Weinanbaugebiete. Gerade ursprünglich nicht im Land angesiedelte Pflanzen haben massive Schäden in natürlichen Lebensräumen verursacht und bedrohen mit ihrem Feuchtigkeitsbedarf heimische Pflanzen.
Südafrikas Mittelschicht wird zu Weingenießern
Wichtig für den südafrikanischen Weinanbau sei zudem die Anpassungsfähigkeit vieler Rebsorten, die schrittweise die eigenen Eigenschaften auf die bestehenden Klima-Verhältnisse ausrichten. Die Liebe zum heimischen Wein im Land bezeichnet Joemat-Pettersson als verhalten. Nur bei knapp über sechs Litern Wein liegt der jährliche Verbrauch im Land momentan. Doch die Nachfrage steigt. Zuletzt legte der Markt um 2,4 Prozent zu. Noch aber geht deutlich mehr Wein „Made in South Africa“ in den Export, als im Land getrunken wird. In der wachsenden Mittelschicht wird aber gerade sogenannter Biowein beliebter, bei dessen Anbau ökologische Aspekte eine zentrale Rolle spielen. Sage und schreibe 95 Prozent der Weine aus Südafrika bezeichnen unabhängige Experten als nachhaltig produziert. Anders als in anderen weltweiten Anbaugebieten setzten die Winzer in Südafrika schon heute verstärkt auf integrierte Anbaumethoden. Das behördliche „Wine und Spirit Board“ soll Konsumenten garantieren, dass Winzer auf umweltfreundliche Methoden setzen.
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