Fragt man Unternehmen in Deutschland, was sie von der der Befreiung von der Zahlung der Ökostrom-Umlage halten, erhält man meist natürlich positive Antworten. Denn, so die Aussage der Fürsprecher, die Freistellung verhindert ein Unternehmenssterben. Etliche Firmen würden laut eigener Einschätzung direkt in die Pleite steuern, wenn sie selbst die Umlage zahlen müssten. Nicht zuletzt wäre die erst Anfang Oktober bekannt gegebene Anhebung der Umlage ab 2014 auf über 6,2 Cent pro Kilowattstunde abermals eine Mehrbelastung für die Unternehmenskasse. Auch aus der Politik heißt es, dass die Grenzen der Belastbarkeit für die privaten und geschäftlichen Stromkunden (sofern letztere die Umlage entrichten müssen) längst erreicht seien.
Deutsche Unternehmen sparen jährlich Milliardensummen durch Befreiung
Die Stimmen aus der Industrie lesen sich zum Teil noch dramatischer als die aus den politischen Lagern. Beim Bundesverband der Deutschen Industrie etwa sieht man in der Umlage auf Ökostrom mittlerweile eine regelrechte Bedrohung für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Einzig die Möglichkeit zur Inanspruchnahme einer Härtefallregelung im Rahmen der Stromnetzverordnung schütze viele Industriebetriebe. Die Zahl der Anträge auf Befreiung von der Umlagen-Zahlung jedenfalls ist 2013 nochmals gestiegen und wird dies nach aktuellen Zahlen auch im Jahr 2014 tun. Das IW – Kölner Institut der deutschen Wirtschaft – schätzt die Einsparungen für 2013 auf gut 4,8 Milliarden Euro.
EU-Kommissar prüft nach Klagen anderer Länder
Problematisch jedoch könnte es werden, wenn die Europäische Union mit ihrem Vorhaben erfolgreich sein sollte. Denn momentan sind Nachzahlungen im Gespräch, die insgesamt in die Milliarden gehen würden. Schon länger kritisiert EU-Kommissar Almunia die deutsche Zahlungs-Freistellung. Nun könnte es sogar zu einem Verfahren kommen. Die Befürchtung des spanischen EU-Vertreters: Die deutsche Variante der Einspeisevergütungen könnte als Beihilfe verstanden werden. Mit der Folge, dass eine Untersagung aufgrund einer Verzerrung des europäischen Wettbewerbs erforderlich wird. Deutsche Nachbarstaaten wie die Niederlande oder Tschechien forderten bereits eine genau Prüfung und reichten Klage ein. Sollte man tatsächlich zum dem Ergebnis kommen, dass die Befreiungen eine Beihilfe darstellen, könnte dies hierzulande Unternehmen in vierstelliger Größenordnung treffen.
Schon jetzt warnen Wirtschaftsverbände vorausschauend vor einer regelrechten Massenpleite bei deutschen Unternehmen. Nicht genug, dass das Ende der Ära der Ausnahmeregelungen beschlossen werden könnte. Müssten Rabatte zurückgezahlt werden, könnte dies viele Existenzen vernichten. Schon der langen Zeiträume wegen. Denn nicht nur aktuelle Vergünstigungen müssten wahrscheinlich nachgezahlt werden. Auch für die vergangenen Jahre seit der Einführung wäre die Härtefallregelung höchstwahrscheinlich hinfällig.
Nach Rabatt-Abschaffung die große Unternehmens-Abwanderung?
Zudem drohen dem Wirtschaftsstandort Deutschland Konsequenzen, sollte das EU-Verfahren die Bedenken bestätigen. Schon jetzt hat sich manches Unternehmen für den Auslands-Umzug entschieden, weil der Strompreis etwa in Frankreich deutlich unter dem deutschen Marktniveau liegt. Der Rückzug vom Heimatstandort erfolgt vielfach nicht ohne Klagen über den zu hohen Preis für die Solidarität beim Thema Energiewende. Wie so oft geht es der EU-Kommission aber ums Prinzip und nicht um den Einzelfall. Gegner der Ökostrom-Förderung sind ohnehin der Auffassung, das System sei zu löchrig, weshalb manches Unternehmen Vergünstigungen erhält, das eigentlich nicht als Rabatt-Empfänger eingeplant war.
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